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#3 What goes around comes around

Der Kreislaufwirtschaft-Newsletter von der KEK


Liebe Leserinnen und Leser,

wir haben Ihnen ja hier in unserem kleinen Newsletter versprochen, dass wir uns alle Mühe geben und das Thema Kreislaufwirtschaft, welches im Diskurs mitunter von großen und recht global ausgerichteten Begriffen wie „Klimawandel“, „Green Deal“ und „Nachhaltigkeit“ bestimmt wird, lokal zugeschnitten betrachten werden, um Ihnen möglichst praktisch und greifbar zu zeigen, wie Unternehmen in Berlin bereits zirkulär wirtschaften oder Ansätze dafür aufzeigen. Während wir in der letzten Ausgabe eine Expertin und einen Experten aus der Berliner Forschungslandschaft zur neuen EU-Ökodesign Verordnung befragt haben, tauchen wir in dieser Ausgabe tief ein in das Thema Digitalisierung & Kreislaufwirtschaft.

Denn die Digitalisierung ist ein entscheidendes Mittel zur möglichst effizienten Nutzung von Ressourcen. Sie bietet Unternehmen in Deutschland wichtige Chancen, wie z.B. die Erschließung neuer Wege der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sowie eine ressourcenschonende, transparentere und auf Echtzeitdaten basierte Produktion. Um die digitale Optimierung von Produktionsprozessen und Produktgestaltung, sowie digitale Geschäftsmodelle für ressourceneffiziente und zirkuläre Wertschöpfung voranzutreiben, wurde 2022 das Förderprogramm DigiRess des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMVU) ausgeschrieben.

Das Ziel des BMVU mit diesem Förderprogramm war es, die Potenziale der Digitalisierung für mehr Ressourcenschutz und -effizienz bzw. für die Etablierung zirkulärer Produktions- und Wertschöpfungsprozesse zu erschließen. Das Förderprogramm zahlt damit auf die Erreichung von Zielen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) und des Deutschen Ressourceneffizienzprogramms (ProgRess III) ein.


Wenn Sie ein konkretes Projekt für Ressourcenschonung geplant und Fragen zu Förderprogrammen haben, sprechen Sie uns an: Beratung KEK


Wir haben mit Dr. Florian Kammerer - Referatsleiter für die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie und Ressourceneffizienz im BMUV - gesprochen und konnten Hintergründe zum DigiRess Programm in Erfahrung bringen.

Dr. Florian Kammerer

Referatsleiter für die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie und Ressourceneffizienz bei der BMUV

 


Dr. Florian Kammerer, BMUV:

Gibt es im Rückblick auf die Projekteinreichungen und Themen etwas, das Sie besonders überrascht hat?

Bei den Projekteinreichungen und Themen war besonders spannend, wie groß die Resonanz auf die Förderung in den ersten Stichtagen war. Die Beteiligung der Unternehmen hat unsere Erwartungen deutlich übertroffen. Die Unternehmen haben ein enormes Interesse an den angebotenen Fördermöglichkeiten gezeigt. Dabei wurde das Thema „Digitale Optimierung von Produktionsprozessen“ am meisten nachgefragt. Dies verdeutlicht, dass viele Unternehmen die Bedeutung digitaler Technologien für ihre Produktionsabläufe erkannt haben und bereit sind, in entsprechende Optimierungsmaßnahmen zu investieren.


Mit Blick auf die geförderten Projekte und auch auf die vielen Ideen, die knapp an einer Förderung gescheitert sind: Wo sehen Sie die größten Potenziale der Digitalisierung in Bezug auf Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft und wo herrscht ggfs. weiterer Forschungsbedarf?

Hier lassen sich die größten Potenziale besonders bei der Zielgruppe der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) erkennen. Das Themenfeld, das sehr gut angenommen wurde, war die Prozessoptimierung zur Einsparung von Materialressourcen mittels digitaler Technologien. Positiv festzustellen war auch, dass alle Wirtschaftszweige angesprochen wurden. Förderideen aus allen Sektoren konnten in die Förderung aufgenommen werden. Das umfasst die Landwirtschaft, Dienstleistung, Bau, Lebensmittel, Textil, Kunststoff-, Metall-, Glas, Elektroindustrie, Maschinen-/Anlagenbau, Chemie und Automobilindustrie. Diese breite Beteiligung zeigt, dass die Digitalisierung branchenübergreifend als Schlüssel zur Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft gesehen wird bzw. dass Unternehmen die Vorteile der digitalen Technologien nutzen, um ihre Ressourceneffizienz zu steigern und nachhaltiger zu wirtschaften. Darüber hinaus ist zu erkennen, dass insbesondere KI einen wichtigen Beitrag zur Ressourceneffizienz leisten kann.


Ein spannendes Merkmal der DigiRess Förderung ist die Aufteilung in zwei Module. Wie war die Resonanz auf die beiden Module und welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

Charakteristisch für die DigiRess-Förderung ist die Aufteilung in zwei Module: Erstens: kleine Fördervolumina bis 200.000 EUR mit attraktiver Förderquote nach den Regelungen für De-minimis-Beihilfen und zweitens: Fördervorhaben nach den Regelungen der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) für größere Fördervolumina. Beide Module haben sich als sehr attraktiv und gut umsetzbar in der Förderung erwiesen.

Die Resonanz auf beide Module war sehr positiv, da sie eine bedarfsgerechte und flexible Antragstellung ermöglichen. Die De-minimis-Förderung erlaubt insbesondere kleinen und jungen Unternehmen eine einfache Antragstellung mit besonders attraktiven Fördermodalitäten, um ihre Innovationsprojekte voranzutreiben.

Das DigiRess Förderprogramm ist auf Bundesebene ausgelaufen, wird in NRW derzeit jedoch weitergeführt. Bestehen Überlegungen, das Förderprogramm auch in weiteren Bundesländern fortzuführen?

Das Förderprogramm ist sicherlich attraktiv sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene und läuft derzeit in der Modellregion des Rheinischen Reviers sehr gut an. Die positiven Erfahrungen und der erfolgreiche Start in NRW zeigen, dass das Programm großes Potenzial hat.

Allerdings bedarf die Haushaltslage des Bundes und auch der Länder immer wieder einer Priorisierung. Das BMUV unterstützt das Programm gerade mit Blick auf Strukturwandel bestmöglich, muss jedoch auch viele weitere Ressortschwerpunkte im Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz in den Blick nehmen.

Sollten sich die finanziellen Rahmenbedingungen ändern oder Prioritäten neu gesetzt werden, wäre auch eine Ausweitung des Programms auf weitere Bundesländer durchaus denkbar. Die bisherigen Erfolge und die Flexibilität des Programms sprechen für eine Wiederaufnahme und Erweiterung, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Das vollständige Interview mit Dr. Florian Kammerer lesen Sie hier.


Im Rahmen des Förderprogramms DigiRess gab es vier Projekte mit Berliner Beteiligung, die zeigen, wie Digitalisierung Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft in verschiedenen Branchen vorantreiben kann.

Ein Beispiel ist das Projekt der additiv gefertigten Skoliosekorsetts aus rezyklierten Polymeren von MindWerk GmbH & Co. KG und CCtec Deutsches Korsettzentrum GmbH & Co. KG.

Die Interviews zu den anderen drei Förderprogrammbeteiligungen aus Berlin möchten wir Ihnen nicht vorenthalten. Sie stehen Ihnen hier in voller Länge zur Verfügung:

  • Janine Mügge, stellvertretende Abteilungsleiterin beim Fraunhofer IPK, über das Forschungsprojekt Digma-DT, welches sich mit Zirkularität in der Fahrzeugverwertung befasst
  • Axel Sacharowitz, Geschäftsführer bei 3S Antriebe GmbH, zum Projekt 3SmartFW, welches sich mit der Detektion und Lokalisierung von Leckagen in Fernwärmenetzen beschäftigt
  • Erik Bossong, R&D Senior Expert bei GROPYUS Technologies GmbH, zur Digitalisierung der Baubranche mit Hilfe von digitalen Zwillingen

Simon Hensch

Entwicklungsingenieur bei CCtec Deutsches Korsettzentrum GmbH & Co. KG
 


Simon Hensch, CCtec:

Welche Polymere werden in der Orthopädietechnik verwendet und was macht deren Recycling so schwierig?

Für das manuelle Thermoformen werden in der Orthopädietechnik in erster Linie HDPE (High-density polyethylene) und PP (Polypropylen) eingesetzt. CCtec stellt Skoliosekorsette ausschließlich aus HDPE her, daher konzentrieren wir uns auf diesen Werkstoff. Beide Polymere sind grundsätzlich sehr gut recycelbar, die Herausforderung liegt in der Logistik. Die typischerweise größten Probleme liegen in der Sicherstellung der Sortenreinheit und Sauberkeit – wenn die Abfälle erst vermischt und verunreinigt sind, wird es extrem aufwändig, dies wieder rückgängig zu machen. Auch Lagerung und Transport stellen eine Herausforderung dar, schließlich fallen bei CCtec für einen Handwerksbetrieb verhältnismäßig große Mengen HDPE-Abfall an, da ist es schon deutlich einfacher, diesen einfach zu entsorgen.

 

Mit Ihrem Projekt ReBrace möchten Sie Werkstoffkreisläufe lokal schließen. Sind die Lösungen aus Ihrem Projekt skalierbar und auf andere Anwendungen (oder gar Branchen) übertragbar?

In der optimalen Skalierung des Prozesses liegt genau der Knackpunkt und die größte Herausforderung. Die oben genannten logistischen Probleme werden gravierender, je größer die Werkstoffkreisläufe gefasst werden. Dem gegenüber steht am unteren Ende der Skala der Anlagen- und Personalaufwand. Mit unserem Ansatz, uns auf einen Betrieb und ein Polymer zu fokussieren, beseitigen wir zwar einen Großteil der typischen Probleme, aber die Lösung muss natürlich auch wirtschaftlich umsetzbar sein. Mit den vergleichsweisen kleinen Anlagen zur Zerkleinerung der Abfälle zu Mahlgut und dem anschließenden Einschmelzen und Extrudieren von Filament, welche vom Durchsatz her zwischen reinen Labor- und vollwertigen Industrieanlagen angesiedelt werden können, sind prinzipiell passende Lösungen verfügbar. Ob und wie diese mit vertretbarem Personalaufwand betrieben werden können und wie der gesamte Prozess darum gestaltet werden muss, um auch wirtschaftlich nachhaltig zu sein, ist Gegenstand unserer Forschung.

 

In Ihrem Projekt haben Sie eine digitale Prozesskette etabliert. Wie genau sieht diese aus und welche Möglichkeiten in Bezug auf Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft erhalten Sie dadurch?

Die Entwicklung unseres lokal geschlossenen Werkstoffkreislaufs wird erst mithilfe der Digitalisierung des gesamten Produktlebenszyklus überhaupt möglich. Die Produkte werden anhand ihres digitalen Abbildes bis zu ihrer Wiederverwertung verfolgt, so dass Produkt- und Werkstoffeigenschaften im Prozess der Wiederverwertung und beim Einsatz der so hergestellten Formstoffe (Filament) berücksichtigt werden können. Auf diese Weise wird im Projekt eine Datengrundlage geschaffen, welche neben der Wiederverwertung auch die zielgerichtete Optimierung von Produkt- und Versorgungsprozess ermöglicht. Anders kann die Einhaltung der hohen Anforderungen, welche an Medizinprodukte gestellt werden, nicht sicher gewährleistet werden.

Bei der Digitalisierung der OT-Branche sind allerdings teilweise erhebliche Widerstände zu überwinden. In großen Bereichen der Branche, insbesondere bei kleineren Betrieben, dominieren analoge und manuelle Prozesse der Datenerfassung, der Modellierung und der Fertigung (z.B. handschriftliche Erfassung von Patientendaten, Arbeiten mit Gipsabdrücken, manuelles Tiefziehen durch Erwärmung und Formung der Kunststoffplatte). Existierende digitale Lösungen sind häufig nicht untereinander kompatibel oder zwingen die Betriebe in ein Abhängigkeitsverhältnis, wenn z.B. die Lösungen der Branchengrößen eingesetzt werden müssen oder die additive Fertigung auf spezialisierte Dienstleister ausgelagert werden muss.


Ihr DigiRess-Projekt läuft Ende 2024 aus. Wie werden die Ergebnisse darüber hinaus genutzt und gibt es Ansätze für Folgeprojekte?

Bei CCtec werden die Projektergebnisse bereits jetzt schrittweise in die Produktion integriert. Die Verwertung der Projektergebnisse sieht darüber hinaus explizit vor, dass die Firma MindWerk die entwickelten Hard- und Softwarelösungen an weitere Betriebe der OT vertreibt und sie mit diesen nutzerzentriert weiterentwickelt. Dabei ist die Software in ihrer modularen Form neben der Korsettfertigung auch auf andere Produkte der OT (z.B. Handschienen) anwendbar. Darüber hinaus ermöglichen Erfahrung und Softwaremodule im Bereich des Life Cycle Assessment das Consulting und das Durchführen von Forschungsprojekten von und mit Anwendern aus anderen Branchen. In Bereichen, in denen die additive Fertigung per FLM (Fused Layer Modeling) bereits Einzug erhalten hat, ist der Einsatz der entwickelten Lösungen für die Rezyklierung problemlos möglich.

Das vollständige Interview mit Simon Hensch lesen Sie hier.


Unsere Empfehlungen zum Thema

AMBER - Additive Manufacturing Berlin Brandenburg

Wenn Sie sich für das Thema Additive Fertigung (z.B. personalisierte Medizintechnik, Bau und Leichtbau, additive Fertigung mit biobasierten Werkstoffen, additive Fertigung im/für den Weltraum) interessieren und weitere innovative Projekte aus der Hauptstadtregion kennenlernen möchten, sprechen Sie gern die Kollegen des Projekts AMBER an.
Bild: ©eMotion Tech/ Unsplash

Green AI Hub

Dr. Florian Kammerer hat die Bedeutung von KI für ressourceneffiziente Produktion bereits betont. Der Green-AI Hub unterstützt Sie dabei, KI auch in Ihrem Betrieb einzusetzen, um Materialien, Ressourcen und somit Kosten zu sparen. Bewerben Sie sich noch bis zum 14.07. für die aktuelle Ausschreibungsrunde der KI-Pilotprojekte.
Bild: ©Green AI Hub

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